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Pferdedecken: Richtig eindecken bei Übergangswetter
Veröffentlicht am 27. Oktober 2024
Lesezeit Minuten
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Veröffentlicht am 27. Oktober 2024
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Der Herbst ist da! Im Stall wird es langsam kalt, die Weiden werden feuchter und die Tage kürzer. Wie jedes Jahr um diese Zeit ist ein Thema Dauerbrenner unter den Stallgesprächen: Wie decke ich mein Pferd bei Übergangswetter richtig ein? Und braucht es überhaupt eine Pferdedecke? Die Meinungen gehen hier weit auseinander und nicht selten kommt es zu hitzigen Diskussionen. Ob eindecken, umdecken oder keine Decken: In diesem Blogbeitrag erläutern wir dir alles wichtige, was Du über Pferdedecken und Übergangswetter wissen musst.
Um dich bei all den unterschiedlichen Sichtweisen zurechtzufinden, solltest Du dich mit der natürlichen Thermoregulation von Pferden auseinandersetzen. Nicht zuletzt kommt es auch auf die Haltung, die Pferderasse, die individuelle Verfassung deines Pferdes und die Tagesform an. Mit aufmerksamer Beobachtung und einem guten Management wirst Du bald herausfinden, welche Pferdedecke wann für dein Pferd geeignet ist.
Pferde zählen zu den Säugetieren, d. h. sie müssen ihre Körpertemperatur konstant halten, um Stoffwechselprozesse und Organfunktionen aufrecht zu erhalten. Um das zu erreichen, besitzen sie eine natürliche Thermoregulation. Diese geschieht bei Pferden über die Haut, das Fell, die Blutgefässe und die Schweissdrüsen.
Pferdefell besteht im Schnitt aus 1‘400 Haaren pro Quadratzentimeter. Winterhaare sind 20 bis 40 Millimeter lang, Sommerhaare nur 10 bis 20 Millimeter. Es gibt Primärhaare, also Deck- und Langhaare, und Sekundärhaare. Das sind Wollhaare, die im Winter für den besonderen Kälteschutz sorgen.
Zusätzlich zu diesen Faktoren passen Pferde ihr Verhalten an die klimatischen Verhältnisse an. Ist es beispielsweise kalt und regnerisch wie jetzt im Herbst, stehen Pferde dicht in der Herde zusammen, halten die Köpfe gesenkt und drehen ihre Schweife in den Wind. So schützen sie sich vor Wind und Feuchtigkeit.
Bei erwachsenen Pferden liegt die Körpertemperatur bei ca. 38°Celsius. Am wohlsten fühlen sie sich in Umgebungstemperaturen von -10°C bis +20°C. Bei Übergangswetter treffen warme Tage auf kalte Nächte. Hier kommt die natürliche Wärmeregulation ins Spiel, um die Körpertemperatur trotz schwankender Temperaturen aufrecht zu erhalten.
Wie Du an der Temperatur-Komfortzone von Pferden siehst, fühlen die Vierbeiner sich bei für uns kalten Temperaturen noch relativ wohl. Grundsätzlich vertragen sie eher Kälte und Nässe, als heisses oder sogar schwül-heisses Wetter. Das überrascht viele Pferdemenschen.
Die Haut und das Fell von Pferden dienen als Isolierschicht. Nicht umsonst kommt es zweimal im Jahr zum Fellwechsel. Hier wird das Fell der kommenden Saison und dem damit verbundenen Wetter angepasst. Verstärkt wird der wärmende Effekt des Winterfells zusätzlich durch die Gänsehaut-Reaktion. Friert das Pferd, stellen sich die Haare auf und isolieren damit noch stärker.
Durch das Eindecken wird in die natürliche Wärmeregulation des Pferdes eingegriffen. Das Pferd versucht die nicht bedeckten Körperteile ebenfalls warm zu halten. Da eine partielle Erwärmung jedoch nicht möglich ist, muss entweder der ganze Körper oder gar nichts aufgewärmt werden. Das kann dazu führen, dass das Pferd unter der Decke überhitzt und zu schwitzen beginnt. Im schlimmsten Fall kann es zu Infekten, Verspannungen und weiteren Komplikationen kommen.
Deckst Du dein Pferd ein, solltest Du daher regelmässig kontrollieren, welche Temperatur dein Pferd unter der Decke hat.
Wovon ist es nun also abhängig, ob Du dein Pferd bei Übergangswetter eindecken solltest? Um eine Entscheidung zu treffen, musst Du die Haltung, die Pferderasse, die Beanspruchung und individuelle Faktoren berücksichtigen.
Ein wichtiger Faktor bei der Frage nach der richtigen Pferdedecke ist die Haltung. Verbringen Pferde 24 Stunden im Freien, sind sie ganz anderen Temperaturen ausgesetzt als Pferde im Stall. Wichtig ist zunächst, Outdoorpferde nicht zu scheren, damit die natürliche Thermoregulation erhalten bleibt. Diese robust gehaltenen Tiere solltest Du so wenig wie möglich eindecken, um den natürlichen Mechanismus nicht zu stören. Eine Decke würde die Kälte hier teilweise nur verstärken, da diese mit der Zeit feucht wird und den Pferdekörper so zusätzlich auskühlen würde.
Anders sieht das nach einem harten Training aus. Hat das Pferd stark geschwitzt, läuft es schnell Gefahr, zu unterkühlen. Hier ist ein dickes Fell kontraproduktiv, da es länger zum Trocknen braucht. Ziel ist also, dein Pferd nach dem Training so schnell wie möglich wieder zu trocknen und das Fell dünner zu halten. Turnierpferde oder stark beanspruchte Pferde sollten daher eingedeckt werden. Das verhindert das Nachschieben von Haaren und hält dein Pferd warm.
Entscheidend ist hier die richtige Wahl der Pferdedecke. Diese wird von der Scherfrisur, vom Stallklima und der Zeit an der frischen Luft beeinflusst. Am besten ist es in diesem Fall, mehrere Decken parat zu haben und individuell zu entscheiden.
Neben der Haltung und der Beanspruchung, spielt die Pferderasse eine grosse Rolle. Isländer vertragen zum Beispiel deutlich mehr Kälte als Araber. Auch das Alter und der Gesundheitszustand deines Pferdes sind entscheidend. Die Übergangszeit ist jedes Jahr aufs Neue also eine gute Gelegenheit, um dich mit der richtigen Deckenwahl für dein Pferd auseinander zu setzen.
Du hast bei der riesigen Auswahl an Pferdedecken den Überblick verloren? Da bist Du nicht allein. Decken gibt es inzwischen unglaublich viele: dick, dünn, regenfest, beissfest, billig, teuer und so weiter. Bevor Du dich an die Auswahl einer Pferdedecke machst, frage dich also zunächst, was genau deine Decke können soll.
Abschwitzdecken transportieren die Feuchtigkeit des Pferdes ab, damit das Pferd nicht unterkühlt. Nachdem dein Pferd fertig abgeschwitzt hat, solltest Du die Decke wieder ausziehen. Sonst kann es erneut nachschwitzen, was zu vermeiden ist.
Unterziehdecken dienen als Polsterung und zusätzliche Wärme-Schicht. Sie werden unter eine Outdoor- oder Regendecke gezogen. Unterdecken weisen kaum Schmutz oder Wasser ab und müssen mit anderen Pferdedecken kombiniert werden.
Stalldecken sind besonders für Pferde, die geschoren sind und schnell frieren, geeignet. Da diese für die Verwendung im Stall gedacht sind, weisen sie nur wenig Schmutz und Wasser ab. Stalldecken gibt es mit verschiedenen Füllungen, sodass für jede Temperaturspanne die passende Decke existiert.
Outdoordecken schützen dein Pferd vor Schmutz, Wind und Wasser. Sie sind für schlechte Witterungen geeignet und sehr robust. Trotz ihrer Strapazierfähigkeit sind sie atmungsaktiv. Zusätzlich können sie mit verschiedenen Füllungen gleich gekauft oder Unterdecken kombiniert werden (siehe Tabelle). Zudem gibt es sie mit allerlei hilfreichen Details, wie normalem oder langem Halsteil, Gehfalten an den Vorderbeinen oder Kreuzbegurtung.
Die Regenjacke für dein Pferd. Regendecken sind schmutz- und wasserabweisend und schützen das Pferd vor Wind, Regen und Schnee. Damit Regendecken wirklich dicht sind, sollten sie eine hohe Denier-Zahl haben und gut imprägniert sein.
Deckensysteme bestehen aus einer Hülle und haben einklickbare Unterdecken. Sie sind besonders praktisch. So kannst Du die Decke je nach Temperatur einfach wechseln.
Die Frage nach einem „Startpunkt“ zum Eindecken lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Bei Übergangswetter ist es sinnvoll, regelmässig die Decke zu wechseln und den Eindeckstatus täglich neu anzupassen. Du könntest dein Pferd beispielweise tagsüber mit einer dünnen Übergangsdecke eindecken und nachts eine warme Unterdecke als Zusatz verwenden. Oder Du deckst es tagsüber komplett ab und nachts wieder ein. Das kann ein grosser Aufwand sein, aber hilft deinem Pferd, nicht zu überhitzen.
Pferde, die in Boxenhaltung leben und tagsüber rauskommen oder geschorene Pferde, können nach folgenden Richtwerten eingedeckt werden. Diese dienen jedoch ausschliesslich als Orientierung und nicht als Empfehlung.
Übersicht
Temperatur | Ungeschoren | Geschoren |
---|---|---|
Kälter als +10°C | Keine Decke / ungefütterte Regendecke | Abschwitzdecke / dünne Baumwolldecke |
Kälter als +5°C | Abschwitzdecke / dünne Baumwolldecke / Regendecke mit dünnem Fleece | Dünne Regendecke bis 150 g Füllung |
Kälter als 0°C | Thermodecke bis 150 g Füllung | Dicke Decke ab 300 g Füllung |
Kälter als -7°C | Thermodecke bis 150 g Füllung | Dicke Decke ab 300 g Füllung |
Kälter als -15°C | Thermodecke ab 220 g Füllung | Dicke Decke ab 300 g Füllung |
Nicht nur die Funktion und das Material der Decke ist entscheidend, sondern auch die Passform. Eine schlecht sitzende Decke verursacht Druck- und aufgescheuerte Stellen.
Folgende Deckengrössen kannst Du als Anhaltspunkt nehmen:
Neben den Deckengrössen kannst Du Erweiterungen und verschiedene Schnitte ausprobieren, um die optimale Decke für deinen Vierbeiner zu finden. Je nach Modell können Decken ausserdem durch Halsteile, Bauch- und Schweiflatze ergänzt werden.
Haarstruktur, Hautstruktur und Fettpolster variieren je nach Pferderasse. Doch auch innerhalb einer Rasse kann es grosse Unterschiede geben. Alter, Gesundheit und Nutzung spielen zudem wichtige Rollen.
Eine Abschwitzdecke gehört für jedes Pferd zur Ausrüstung dazu. Selbst wenn Du dein Pferd sonst nie eindeckst, ist dieser Wärmeschutz nach einem anstrengenden Training während des Trocknens sinnvoll.
Zusätzliches Eindecken über die Abschwitzdecken hinaus ist nur für bestimmte Pferde bei kalten Temperaturen wichtig. Kranke oder abgemagerte Tiere, Rassen aus warmen Ländern und geschorenen Pferde, sollten eingedeckt werden.
Für ungeschorene Pferde eignen sich Decken mit 50 oder 100 Gramm Füllung, für geschorene Pferde Füllungen zwischen 100 und 200 Gramm. Gängig sind bei voll geschorenen Pferden 200-Gramm-Decken. 300-Gramm-Decken sind sehr warm und nur in Ausnahmefällen nötig. Senioren, extreme Aussentemperaturen oder kranke Pferde können diese Zusatzwärme erfordern.
Zusätzlich zur Dicke und dem Modell, solltest Du auf eine reissfeste Aussenbeschichtung und eine gute Passform achten. Sinnvoll sind Decken, die ein antibakterielles oder wasserableitendes Innenfutter besitzen, um dein Pferd trocken zu halten und vor Ekzemen zu schützen.
Die Frage, ob dein Pferd eine Decke braucht, ist also nicht leicht zu beantworten. Je nach Haltung, Trainingsprogramm, Nutzung und weiteren individuellen Faktoren, musst Du täglich neu entscheiden, was für deinen Vierbeiner am besten ist.
EA-ST. (o. J.). Eindecken in der Übergangszeit – das gilt es zu beachten. https://www.ea-st.com/de/magazin/eindecken-uebergangszeit/ (abgerufen am 14. Oktober 2024).
Wehorse. (o. J.). Pferd eindecken: Tipps & Wissenswertes für die kalte Jahreszeit. https://www.wehorse.com/de/blog/pferd-eindecken/ (abgerufen am 14. Oktober 2024).
Krämer. (o. J.). Pferde richtig eindecken. https://www.kraemer.de/ratgeber/pferde-richtig-umdecken (abgerufen am 14. Oktober 2024).
Uelzener. (o. J.). Das richtige Eindecken deines Pferdes. https://uelzener.de/magazin/pferd/tipps-fuer-den-alltag/das-richtige-eindecken-deines-pferdes/ (abgerufen am 14. Oktober 2024).
Ehorses. (o. J.). Pferd eindecken oder nicht: Tipps. https://www.ehorses.de/magazin/pferd-eindecken-oder-nicht-tipps/ (abgerufen am 14. Oktober 2024).
Richtigreiten. (o. J.). Pferd eindecken: So kommen du und dein Pferd warm & gesund durch den Winter. https://richtigreiten.com/pferd-eindecken-so-kommen-du-und-dein-pferd-warm-gesund-durch-den-winter/ (abgerufen am 14. Oktober 2024).