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Disziplin Geländereiten: Was Du wissen solltest
Veröffentlicht am 1. November 2024
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Beim Geländereiten werden Du und dein Pferd eins mit der Natur: Auf einer Strecke über Wald, Wiese, Stock und Stein, die ihr in einem bestimmten Tempo zurücklegen müsst, werden verschiedene natürliche Hindernisse überwunden. Dafür brauchst Du nicht nur Ausdauer, sondern auch Mut, Training und die richtige Ausrüstung, damit es nicht gefährlich wird. Alles über diese spannende Disziplin im Pferdesport erfährst Du in diesem Artikel!
Mit dem Begriff „Geländereiten“ verbindet man erst einmal das Reiten in der Natur oder auf offenem Gelände im Gegensatz zum Reitplatz, zum Beispiel bei Tages- oder Wanderritten. Die Vereinigung der Freizeitreiter- und -fahrer in Deutschland zum Beispiel vertritt diese Diszplin.
Zudem ist das Geländereiten auch eine Teildisziplin der Vielseitigkeit bzw. des Military oder auch „Eventing“ genannt (siehe Beitrag Disziplin Vielseitigkeit). Es läuft auch unter den Begriffen Querfeldeinstrecke, Q-Stecke oder Cross Country Course. In dieser Disziplin müssen Reiter:innen und Pferde einen Hindernisparcours in der Natur in einer bestimmten Zeit überwinden. Für ein Überschreiten der Zeit bekommt das Paar Strafpunkte. Bis 2004 bestand der Geländeritt aus einer kurzen Wegstrecke von circa 5 bis 7 Kilometern, die im Trab absolviert werden musste, einer langen Wegstrecke von 6 bis 9 Kilometern Länge (auch hier Trab), einer Strecke auf der Rennbahn von circa 3 Kilometern mit 8 bis 10 Hindernissen (sehr schnell zu absolvieren, bei circa 40 Kilometern pro Stunde) sowie einer Querfeldeinstrecke von 5 bis 8 Kilometern.
Die Fédération Equestre Internationale (FEI) sowie nationale Reitverbände fördern das Geländereiten, das als Teildisziplin der Vielseitigkeit seit 1912 auch Teil der Olympischen Spiele ist. Wie der Name schon andeutet, wurde das Geländereiten zunächst zur Ausbildung der Kavallerie eingeführt. Bis 1948 nahmen vor allem Offiziere an Turnieren teil. Seit 1924 gibt es die Aufteilung in die drei einzelnen Disziplinen bei Olympia in Paris: Dressur, Springen und die Geländeprüfung (damals auch „Ausdauerprüfung“ genannt). 1964 durfte zum ersten Mal eine Frau an einem Geländewettbewerb teilnehmen.
Das Geländereiten ist und bleibt eine beliebte Disziplin im Pferdesport, die jedoch nicht ganz unumstritten ist. Vor allem im Jahre 1990 wurde nach mehreren Todesfällen und Verletzungen im Gelände diskutiert, ob das Military aus dem olympischen Programm genommen werden sollte. 2004 wurde daher die Disziplin der Vielseitigkeit auf die noch heute gültige Kurzform beschränkt: Die Rennbahn und die beiden Wegstrecken wurden gestrichen, nur die Querfeldeinstrecke blieb. Zudem ist seit 2011 das Tragen einer Sicherheitsweste Level 3 Pflicht.
Für das Geländereiten ist es besonders wichtig, dass Pferd und Reiter:in gut ausgebildet sind, sich aufeinander verlassen können, und zudem mit der richtigen Ausrüstung unterwegs sind. Woraus diese besteht, erfährst Du hier.
Für deine Ausrüstung als Geländereiter:in sollte die Sicherheit im Vordergrund stehen. Das heisst im Detail: Eine Schutzweste und natürlich ein Reithelm. Die Schutzweste sollte nah am Körper anliegen und nur hinten etwas länger sein, ohne die Beweglichkeit der Reiter:innen einzuschränken. Manche Geländereiter:innen tragen auch eine Airbagweste, die mit einer Reissleine am Sattel befestigt wird und sich beim Fall sofort aufbläst – für noch mehr Sicherheit. Denn Du solltest nie vergessen: Geländereiten ist keine ungefährliche Disziplin.
Ganz wichtig für die Ausrüstung deines Pferdes ist der Vielseitigkeitssattel! Dank seines flachen Sitzes und kleinen Vorderpauschen wird der Sitz von Reiter:innen nicht eingeklemmt. Ein Halsriemen als Stütze am Sattel kann sehr wertvoll, da sich Reiterin oder Reiter daran festhalten können, falls er oder sie mal aus dem Gleichgewicht kommen sollte – statt die Zügel zu verwenden.
Das Pferd sollte mit Gamaschen und Stollen sowie ggf. einem Stollenschutz ausgestattet sein. Bandagen sind für das Gelände nicht zu empfehlen.
Für eine:n unerfahrene:n Reiter:in oder jemanden ohne die richtige Grundausbildung kann das Geländereiten schnell gefährlich werden. Das Gleichgewicht und ein sicherer Sitz im Sattel sind bei dieser Disziplin unerlässlich. Das Terrain ändert sich stetig und so auch die Bewegungen des Pferdes. Geländereiter:innen müssen darauf vorbreitet sein, reflexartig ihren Sitz und ihre Position zu verändern, anders als beispielsweise in der Dressur. Hier hilft es, wenn die Reiterin oder der Reiter eine gute Fitness mitbringt und neben dem Geländereiten auch noch andere Sportarten ausübt. Auch das Pferd braucht eine gute Ausdauer, die sich durch Trabreprisen, gefolgt von lockeren Galoppstrecken, trainieren lässt.
Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Balance gelten als übergeordnete Trainingsziele in dieser Disziplin. Aus diesen Gründen werden die Steigbügel beim Geländereiten auch sehr kurz geschnallt, sodass die Unterschenkel eng am Pferd anliegen. Es wird empfohlen, den leichten Sitz, bei dem der Oberkörper nicht zu weit nach vorne und das Gesäss nicht zu weit nach hinten gebeugt wird, gezielt an der Longe zu trainieren (siehe Beitrag Disziplin Boden- und Longenarbeit).
Folgendes solltest Du mit deinem Pferd trainieren, wenn Du dir das Geländereiten als Disziplin vorstellen kannst:
Immer wieder müsst ihr im Geländeparcours Stufen überwinden oder hinunterspringen (auch „droppen“ genannt). Um das zu üben, sollte deinem Pferd ein Führpferd vorausgehen, dass ihm den Weg weist und so die Angst vor der Stufe nimmt oder du übst an einem langen Seil zuerst die Stufen ohne auf selbst auf dem Pferderücken zu sein, so kann dein Pferd sich voll und ganz auf die Aufgabe konzentrieren.
Während dem Reiten solltest Du den Unterschenkel leicht nach vorne neigen und die Zügel länger werden lassen, damit dein vierbeiniger Freund den Hals lang machen und besser im Gleichgewicht bleiben kann. Falls die Stufe bergauf gesprungen werden muss, solltest Du dicht an die Kante heranreiten, damit das Pferd seine Hinterbeine nach dem Sprung wieder gut aufsetzt.
Um deinem Pferd hier die Angst zu nehmen, solltest Du in deinem Training immer wieder im Schritt durch Wasser reiten. So gewöhnt sich das Tier an das Wasser und das gibt ihm mehr Sicherheit.
Genauso wie bei den Wasserhindernissen gilt auch hier: So häufig wie möglich trainieren, um mit den Hindernissen vertraut zu werden. Insbesondere Tiefsprünge können sonst überwältigend wirken – auf Reiter:in und Tier. Ganz nach dem Motto „von leicht nach schwer“ solltest Du die Hindernisse zunächst in einem entspanntem Trab meistern, sodass sich das Pferd darauf konzentriert, locker abzuspringen. Die korrekte Sitzposition (siehe Abschnitt „Sitzpositionen“) ist das A und O: Halte die Hände tief und verlasse dich auf die Steigbügel. Die Zügel durchrutschen zu lassen, erleichtert auch dem Pferd die Arbeit.
Im Detail unterscheidet man beim Geländereiten zwischen vier Sitzpositionen, die trainiert und eingeübt werden sollten:
Generell gilt: Die Reiter:innen bestimmen das Tempo, nicht die Pferde. Sie sollten zwar von sich aus nach vorne galoppieren, aber nicht zu schnell werden. Das erfordert sehr viel Übung, Geduld und Training von Reiter:in und Pferd.
Pferde, die sich besonders gut für die Disziplin des Geländereitens bzw. der Vielseitigkeit eignen, bringen bestimmte Merkmale mit, unter anderem:
Typische Rassen, die in der Vielseitigkeit und somit auch im Geländereiten eingesetzt werden, sind Oldenburger, Bayerische und Niederländische Warmblüter und Hannoveraner (siehe Pferderassen-Lexikon).
Das gilt jedoch nur, wenn man vom Geländereiten als Teildisziplin der Vielseitigkeit spricht. Wenn man das Geländereiten als Distanzreiten in der Natur interpretiert, dann eignen sich Achal-Tekkiner, Mustangs und vor allem Araber mit ihrer Ausdauer am besten für diesen Sport. Jahrhundertelang waren sie die Reittiere der Beduinen und mussten nicht nur lange Strecken zurücklegen, sondern auch mit einer hohen Luftfeuchtigkeit, heissem Klima, schwierigem Terrain und wenig Wasser auskommen. In Deutschland starten allerdings auch Traber, Warmblüter und diverse Ponyrassen wie Islandponys und Fjordpferde bei Distanzwettbewerben.
Wenn man den Begriff des Geländereitens mit dem Ausreiten oder Freizeitreiten gleichsetzt, dann sollte der Fokus auf dem Charakter des Pferdes liegen: Hier eignen sich vor allem ruhige, gelassene, weniger schreckhafte Pferde. Jede Pferderasse kann im Gelände (aus)geritten werden. Bevorzugt werden hier Trakehner oder Hannoveraner, aber auch Haflinger, Ponys wie das Deutsche Reitpony, Islandponys und Fjordpferde, vor allem bei Anfänger:innen (siehe Beitrag Disziplin Freizeitreiten).
Das Geländereiten ist eine Teildisziplin der Vielseitigkeit (siehe Beitrag Disziplin Vielseitigkeit). Jedoch gibt es auch reine Geländeturniere (WBO-Wettbewerbe bzw. Geländereiter-Wettbewerbe). Diese Turniere finden meistens lokal und im kleinen Kreis statt, um junge Talente (Pferd und Reiter:in) an den Vielseitigkeitssport zu gewöhnen. Bereits ab 8 Jahren können Reiter:innen an Geländereitwettbewerben, der leichtesten Prüfung im Gelände, teilnehmen. Falls dich das interessiert, dann erkundige dich, ob es auch in deinem Umfeld solche Geländewettbewerbe gibt.
In der ursprünglichen Form des Reitens im Gelände gibt es keine untergeordneten Disziplinen und Klassen, allerdings bestimmte Abzeichen, die man erwerben kann. Dazu gehören unter anderem in Deutschland der deutsche Reiterpass, Abzeichen im Wanderreiten, Jagdreiten und Distanzreiten. In der Schweiz muss man die kombinierte Brevet-Prüfung ablegen, um an Geländeprüfungen teilnehmen zu können.
Bei Distanzritten werden lange Strecken von bis zu 80 km im Gelände zurückgelegt und die Fähigkeit der Reiter:innen, ihre Strecke zu planen und in Notsituationen zu reagieren, wird überprüft.
Bei Turnieren im Geländereiten gilt: Du solltest immer vorher den Parcours abgehen, eventuell sogar eine Skizze der Hindernisse anfertigen und dir die Reihenfolge der Sprünge merken. Auch der Boden sowie die Lichtverhältnisse sollten genau studiert werden. An Turnieren dürfen alle Reiter:innen mit bestandener Grundausbildung teilnehmen.
Diese verschiedenen Klassen gibt es im Geländereiten (Teilprüfung Vielseitigkeit):
Je nach Klasse nimmt nicht nur die Länge der zurückzulegenden Wegstrecke sowie die Anzahl an Hindernissen zu, sondern auch deren Höhe und Schwierigkeit. In Klasse VE beispielsweise ist der Graben 1 Meter weit und tief, in Klasse VM ist er schon 3.6 Meter weit und 1.8 Meter tief und in der höchsten Klasse CCI 5* L ist er bis zu 4 Meter weit und 2 Meter tief.
In der Schweiz und Liechtenstein kann man das Brevet Geländereiten erwerben. Voraussetzung an der Teilnahme ist die bestandene Prüfung „Grundausbildung Pferd Reiten“ mit Diplom oder das Reiterbrevet Swiss Equestrian bis 2018. Bewertet wird auf einer Notenskala von 1 bis 5. Die Prüfung besteht aus einem Theorieteil (im Vorfeld per E-Learning), dem Vortraben (unter anderem werden Pflegezustand des Pferdes, Ausrüstung und Sicherheitsaspekte bewertet) sowie der finalen Teilprüfung des Reitens (Wegstrecken im Trab und Galopp unter zeitlicher Vorgabe, Bewältigung von mindestens acht Naturhindernissen von 60 bis 80 cm Höhe, Sitzkontrollen). Beim Brevet Geländereiten klassisch kann man maximal 45 Punkte erzielen. Als Auszeichnungen gibt es das Brevet-Diplom und die Brevet-Anstecknadel (Pin). Für die Berechtigung an der Teilnahme an Vielseitigkeitsprüfungen wird in der Schweiz jedoch noch zusätzlich das Brevet Kombiniert benötigt, wobei die Reiter:innen auch eine Spring- und Dressurprüfung absolvieren müssen.
Nicht nur das Pferd, sondern auch die Reiter:innen können im Gelände schnell unsicher werden, wenn sie ein spektakuläres Hindernis im Geländeparcours vor sich haben. Umso wichtiger ist es, die Basics zu beherrschen – dazu gehört, das Pferd jederzeit mit den erlernten Hilfen kontrollieren und beruhigen zu können, ausbalanciert im leichten Sitz zu reiten und sich auch im Galopp im leichten Sitz sicher zu fühlen. Eine Altersgrenze gibt es nicht und wie in Abschnitt „Welche Disziplinen gibt es im Geländereiten?“ schon erklärt, können Reiter:innen bereits ab 8 Jahren an Geländewettbewerben teilnehmen. Es ist definitiv zu empfehlen, mit einem Stil-Geländeritt zu beginnen, bevor man sich an eine komplette Vielseitigkeitsprüfung wagt. Und auch wenn Du dich bisher noch nicht an diese Disziplin gewagt hast: Es ist nie zu spät, etwas Neues auszuprobieren!
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